27. September 2017, 14:12 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mitten in der Mojave-Wüste, unweit des Joshua Tree National Park in Kalifornien, steht ein weißes Kuppelgebäude, das hier optisch so gar nicht richtig hinpassen mag. In der Vergangenheit war es ein Ort für Menschen, die Kontakt zu Außerirdischen suchten. Heute pilgern die Menschen hierher, um sich durch ein besonderes Klangerlebnis in Trance versetzen zu lassen. Die bewegte Geschichte des „Integratrons“.
Wer heute an diesen Ort reist, möchte sein Bewusstsein durch Musik erweitern. Kaum jemand jedoch ahnt, dass die Geschichte des Integratron noch verrückter ist, als so manch ein Esoterik-Tourist, der hier stranded…
Die Geschichte beginnt mit dem deutschen Einwanderer Frank Critzer, der in den frühen 1930er Jahren als Goldgräber nach Kalifornien kam. Unweit des heutigen Kuppelgebäudes liegt der sagenumwobene Giant Rock, ein Findling, den bereits die amerikanischen Ureinwohner wegen seiner angeblich spirituellen Kräfte als Pilgerstätte nutzten. Um sich vor der Wüstenhitze zu schützen, grub sich Critzer ein knapp 40 Quadratmeter großes Zuhause unter dem Felsen.
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Um mit seinen deutschen Freunden morsen zu können, befestigte der Einwanderer und passionierte Hobby-Funker oben auf dem Giant Rock eine Antenne. Das brachte die amerikanische Regierung kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zu der Überzeugung, dass der Einsiedler ein deutscher Spion sei. Als Ermittler ihn in seinem Unterschlupf befragen wollten, verbarrikadierte sich Critzer dort unten, was die Polizisten offenbar dazu bewog, eine Tränengasgranate durch ein Fenster zu werfen. Tragischerweise wurde dadurch Dynamit zur Explosion gebracht, das der Deutsche unter dem Tisch gelagert hatte. Frank Critzer kam bei dem Vorfall ums Leben.
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Kontakt zu Außerirdischen
Ein Freund Critzers, der im Jahre 1910 geborene US-Amerikaner und Flugzeug-Ingenieur George Van Tassel, bezog mit seiner Familie in den frühen 50er Jahren die Überreste der Wohnanlage. Der auch als fanatischer Ufologe bekannte Van Tassel räumte die ausgebrannten unterirdischen Räume frei und nutzte sie als Lager und Meditationsräume. Während der wöchentlichen Meditationen versuchten er und seine Gefolgsleute, in Kontakt mit Außerirdischen zu treten.
Ihre Bemühungen waren, so zumindest behauptet der Ufologe, alsbald von Erfolg gekrönt: Im August des Jahres 1953 landete nach Van Tassels Aussage ein Raumschiff vom Planeten Venus auf seinem Grundstück. Die Außerirdischen hätten ihn in ihre Kapsel eingeladen, wo sie ihm die wohl gehütete Formel für das Verjüngen körperlicher Zellen gaben.
Daraufhin begann der Heimgesuchte mit dem Bau jenes weißen Kuppelgebäudes, das er Integratron nannte. Van Tassel erklärte, er würde „eine Hochspannungs-Licht-Maschine bauen, welche ein breites Spektrum an Frequenzen zur Zellerneuerung liefert“. Unter Wissenschaftlern war der Ufologe gemeinhin als Spinner bekannt, aber aufgrund seines herausragenden Rufes in UFO-Kreisen – die von ihm organisierten Raumfahrt-Messen wurden über zwei Jahrzehnte hinweg von Zigtausend Menschen besucht – unterstützten viele seiner Fans den Bau des Integratrons auch finanziell.
Das Schicksal jedoch wollte es, dass George Van Tassel nie dazu kam, seine Verjüngungsmaschine zu vollenden. Kurz vor der Fertigstellung starb er im Jahre 1978 an einem plötzlichen Herzinfarkt. Sein begonnenes Werk fortzuführen, traute sich offenbar niemand zu. Für kurze Zeit funktionierte man das Gebäude zu einer Disco um, doch schließlich stand der Resonanztempel lange Jahre leer und verwahrloste zunehmend.
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Umwandlung in einen Klangtempel
Im Jahr 2000 erwarben drei Schwestern das Integratron und kümmern sich seither um dessen Restauration und Instandhaltung. Sie machten das Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich und bewerben den Tempel als einen Ort der Heilung und außergewöhnlicher Klangwahrnehmung. Fragt man sie, was genau sie damit meinen und wie sich der Rausch der Klänge anfühlt, bekommt man keine Antwort. Die Damen lehnen Interviews strikt ab. Dem US-Magazin „The Atlantic“ sagten die Schwestern lediglich: „Wir bevorzugen, dass Menschen hierher kommen, um die magische Erfahrung am eigenen Leib zu spüren.“
Für eben diese Erfahrung muss man laut der Integratron-Website am sogenannten „Sound Bath“ teilnehmen. Bei dem Kurs liegen die Teilnehmer direkt unter der Kuppel des Gebäudes auf weichen Matten. Der Kursleiter erzeugt virtuose Klänge aus Klangschalen. Währenddessen soll man sich auf die Körpermitte und ihre Energiezentren – die besonders geräuschempfindsam sind – konzentrieren, um dann einen Zustand des inneren Friedens, gesteigerter Wahrnehmung und Entspannung des Geistes und Körpers zu erreichen.
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„So etwas habe ich noch nie erlebt“
TRAVELBOOK hat eine Besucherin nach ihren Erlebnissen im Integratron gefragt. Sie schwärmt: „So etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist, als stünde man mitten in einer Bassbox. Die Akustik in dem Raum gibt einem das Gefühl, als kämen alle Töne und Vibrationen aus dem eigenen Körper. Kein Wunder, dass manch einer da eine Verbindung zu Außerirdischen fühlt.“
Eine weitere Besucherin berichtet in ihrer Bewertung auf Tripadvisor: „Ich brauchte ein wenig Mut, um mich der Situation komplett hingeben zu können. Körperlich fühlte ich mich sicher, seelisch war ich zuerst unruhig. Ich versuchte, meinen Kopf frei zu bekommen. Als ich es schaffte, fühlte ich zuerst Liebe und dann Vergebung. Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf und muss ehrlich gestehen, dass dies etwas komplett neues war. Etwas, was ich weder in einem Yoga Kurs, einem Meditationsraum oder einer Kirche je zuvor gespürt habe.“
Neben Touristen zählen Wissenschaftler sowie Yoga- und Meditationsgruppen zu den häufigsten Besuchern. Aber auch Musiker werden von der besonderen Klangstätte angezogen.
Das „Sound Bath“ in einer Gruppe kann man ab 25 Dollar (ca. 22 Euro) buchen. Eine private Session für 1-4 Teilnehmer gibt es ab 250 Dollar (ca. 220 Euro). Sämtliche Kurse sollte man mindestens drei bis vier Monate im Voraus buchen. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Integratron.